Der Übergang vom Familienbett ins eigene Bett: Ein Balanceakt zwischen Nähe und Selbstständigkeit

Der richtige Zeitpunkt für das eigene Bett
Jede Familie hat ihr eigenes Konzept – ob Co-Sleeping in Form von Room-Sharing oder Bed-Sharing im Familienbett. Eltern, die gemeinsam mit ihren Kindern in einem Familienbett oder Zimmer schlafen, fragen sich häufig, wann sie ihr Kind vom Familienbett ins eigene Bett bzw. Zimmer umgewöhnen sollten und wie sie dabei vorgehen. Was alle Eltern beruhigen wird: Der Kinderarzt Dr. Herbert Renz-Polster betont, dass viele Kinder von sich aus den Wunsch nach mehr Unabhängigkeit entwickeln, wenn sie bereit sind. Auch die Baby- und Kleinkindschlafexpertin Duygu Ceribas von myhappybaby.net betont, dass jedes Kind und jede Familie einzigartig ist. Daher ist es entscheidend, den Zeitpunkt so zu wählen, dass sowohl das Kind als auch die Eltern die Veränderung gut meistern können, ohne sich überfordert zu fühlen.

Getrennte Betten kamen erst mit der industriellen Revolution
Historisch gesehen ist das Konzept von eigenen Betten relativ jung: Das Schlafen im eigenen Bett wurde für Kinder erst mit der Industriellen Revolution (vom späten 18. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts) zur Norm, als es zunehmend separate Räume und Betten in Familienhäusern gab. Davor war es üblich, dass Kinder am gleichen Ort wie ihre Eltern schliefen. "Das zeigt, dass die heutige Praxis des eigenen Bettes keineswegs eine "natürliche" Entwicklung ist, sondern eine gesellschaftliche Veränderung," so Baby- und Kleinkindschlafexpertin Duygu Ceribas. In vielen Kulturen ist das Teilen des Schlafraums bis heute gängige Praxis, da es für die Bindung zwischen Eltern und Kind sowie emotional förderlich ist.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Übergang ins eigene Bett?
Der Übergang zum eigenen Bett sollte weniger als Verpflichtung gesehen werden, sondern vielmehr als eine Entscheidung, die aus den individuellen Bedürfnissen der Familie hervorgeht. Duygu Ceribas von myhappybaby erklärt, "der Zeitpunkt für den Übergang ins eigene Bett ist eine höchst individuelle Entscheidung und sollte nicht durch gesellschaftliche Normen oder äußeren Druck bestimmt werden. Evolutionsbiologisch betrachtet benötigen Babys die Nähe ihrer Bezugspersonen in den ersten Lebensjahren, um sich sicher und geborgen zu fühlen."

"Es gibt keine festen Anzeichen, wann das „richtige“ Alter für das eigene Bett ist – vielmehr ist der Übergang dann sinnvoll, wenn es der Familie gut tut. Der Punkt, an dem Eltern und Kind den Schritt zum eigenen Bett wagen, sollte nicht nach einem starren Kalender erfolgen, sondern auf die Bedürfnisse und das Wohlbefinden der Familie abgestimmt sein", betont die Expertin.
Eigenes Bett heißt nicht gleich alleine schlafen
Ein sanfter Übergang braucht eine enge Begleitung und ein langsames Heranführen an den neuen Schlafort. "Es ist wichtig zu verstehen, dass das eigene Bett nicht gleich mit „allein schlafen“ gleichgesetzt werden sollte," so Duygu Ceribas, "ein Bodenbett stellt eine ausgezeichnete Lösung dar, da es sowohl Platz für das Kind als auch für eine begleitende Person bietet. Daher empfehle ich als erstes eigenes Bett (ab dem Zeitpunkt ab dem das Baby mobiler wird, um den 8. Monat) ein Bodenbett und das gemeinsame Schlafen darin."

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Wie kann man den Übergang erleichtern?
Wenn das Kind von Anfang an in Begleitung der Eltern im eigenen Bett schläft, kann es diesen Ort frühzeitig als sicheren Schlafplatz wahrnehmen und der Übergang alleine zu schlafen fällt leichter. "Sobald das Kind dann entwicklungstechnisch bereit ist, wird es deutlich einfacher, die Schlafzyklen selbst zu verbinden. Es fällt ihm später leichter, auch ohne unmittelbare Unterstützung in seinem Bett weiterzuschlafen, da es sein Bett bereits als sicheren Ort kennt."
Schrittweise Annäherung an das eigene Bett
Eine schrittweise Annäherung an das eigene Bett ist oft effektiver als eine radikale Veränderung. Hier sind einige bewährte Tipps:
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Schrittweise Umgewöhnung: Beginne damit, dein Kind zunächst im eigenen Bett im Elternschlafzimmer schlafen zu lassen. So bleibt die Nähe zu euch Eltern erhalten, während dein Kind sich langsam an sein neues Schlafumfeld gewöhnt. Alternativ kann der Mittagsschlaf zuerst im eigenen Bett stattfinden, um dem Kind den Wechsel zu erleichtern.
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Vertraute Gegenstände: Ein Kuscheltier oder ein Tuch, das nach euch riecht, kann deinem Kind helfen, die Trennung besser zu verkraften. Diese vertrauten Gerüche schaffen eine Verbindung zur elterlichen Nähe und sorgen für ein Gefühl der Sicherheit.
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Rituale und Routine: Ein konsistentes Abendritual kann viel bewirken. Gemeinsames Lesen, Singen oder Kuscheln vor dem Zubettgehen helfen dabei, das eigene Bett positiv zu besetzen und den Übergang harmonisch zu gestalten. Durch feste Abläufe weiß dein Kind, was als Nächstes kommt, und kann sich auf die neue Schlafsituation besser einstellen.
Lies dazu auch unseren Artikel Die optimale Schlafumgebung für Babys und Kleinkinder.

Welche Herausforderungen können auftreten?
Der Übergang kann mit Widerstand seitens des Kindes verbunden sein, insbesondere wenn Trennungsängste eine Rolle spielen. Nach der Bindungstheorie des Psychologen John Bowlby entwickeln Kinder eine sichere Bindung durch körperliche Nähe und elterliche Reaktionen. Ein abrupter Verlust dieser Nähe kann zu Unsicherheiten führen. Deswegen ist es wichtig, geduldig zu bleiben und Rückschritte zu akzeptieren. In solchen Momenten sollten Eltern signalisieren, dass sie da sind, um den Übergang weniger stressig zu gestalten.
Da der Übergang ins eigene Bett in voller Begleitung der Eltern stattfinden sollte, sprechen wir hier nicht von Rückschritten oder Widerständen. Es kann jedoch durchaus sein, dass Kinder in bestimmten Phasen intensivere Nähe und Unterstützung benötigen als gewöhnlich – und auch das ist völlig normal. So wie Erwachsene manchmal Phasen haben, in denen sie mehr Unterstützung brauchen, durchlaufen auch Kinder Entwicklungsphasen, in denen sie zusätzliche Nähe und Trost suchen. Eltern sollten diese Bedürfnisse mit Geduld und Verständnis begleiten, um dem Kind Sicherheit zu geben, während es neue Schritte in seiner Unabhängigkeit macht.
Baby- und Kleinkindschlafexpertin Duygu Ceribas.
Auch Journalistin und Autorin Nora Imlau betont, dass das Familienbett ein wichtiger Raum der Geborgenheit sein kann, aber Kinder sich oft ganz von selbst zur Selbstständigkeit entwickeln, wenn sie emotional bereit sind.
Nähe und Sicherheit vermitteln, um nächtliche Trennungsängste zu reduzieren
"Trennungsangst in der Nacht ist eine natürliche Reaktion von Babys und Kleinkindern", sagt Duygu Ceribas. Dies lässt sich durch die noch nicht vollständig entwickelten Erfahrungen des Kindes erklären. "Für sie ist das Einschlafen eine sehr verletzliche Zeit, da sie während des Schlafs keine Kontrolle mehr über ihre Umgebung haben. Erwachsene hingegen wissen aus Erfahrung, dass wir uns in unseren vier Wänden sicher befinden und dass der Schlaf eine Phase der Erholung ist, in der keine unmittelbare Gefahr besteht. Babys und Kleinkinder haben jedoch noch nicht diese Erfahrungswerte, und ihre körperlichen Voraussetzungen, sich zu wehren oder zu flüchten, sind noch nicht entwickelt. Daher befinden sie sich in einem Zustand der ständigen Alarmbereitschaft, vor allem während der Nacht."

Um diese Ängste zu reduzieren, sollten Eltern versuchen durch ihre Nähe dem Kind Sicherheit zu vermitteln. "Eine beruhigende Präsenz und eine konstante, liebevolle Unterstützung können helfen, Ängste zu lindern und das Vertrauen des Kindes in die Sicherheit des Schlafes zu stärken."
Auswirkungen des Familienbetts auf die Selbstständigkeit
Das Familienbett bietet laut Still- & Schlafberaterin Duygu Ceribas zahlreiche Vorteile für die Entwicklung des Kindes. "Die enge Bindung, die durch die Nähe der Eltern im Schlafraum entsteht, stärkt das Vertrauen des Kindes und fördert eine gesunde emotionale Entwicklung. Eine sichere Bindung ist entscheidend für das Selbstbewusstsein des Kindes und trägt dazu bei, dass es später selbstbewusster und unabhängiger wird. Studien zur Bindungstheorie zeigen, dass Kinder, die in einem sicheren Umfeld aufwachsen, in dem ihre emotionalen Bedürfnisse stets respektiert und erfüllt werden, eine bessere Fähigkeit entwickeln, später auch schwierige Situationen eigenständig zu bewältigen." Die Nähe im Familienbett fördert, wie die Expertin weiß, also nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die langfristige emotionale Resilienz und Selbstständigkeit des Kindes.

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Ein Balanceakt zwischen Nähe und Selbstständigkeit
Der Schritt vom Familienbett ins eigene Bett ist ein individueller Prozess, der sowohl Geduld als auch Einfühlungsvermögen erfordert. Mit einer schrittweisen Annäherung, vertrauten Gegenständen und klaren, liebevollen Routinen kann dieser Wechsel jedoch sanft gelingen. Wichtig ist, dass Eltern und Kind gemeinsam diesen Prozess gestalten. Jedes Kind ist anders – und der richtige Zeitpunkt ist dann gekommen, wenn es für alle Beteiligten stimmig ist. Duygu Ceribas von myhappybaby weist zusammenfassend darauf hin, dass es eine sehr persönliche Entscheidung ist, die im Einklang mit den Bedürfnissen des Kindes und der Familie stehen sollte. "Die Nähe und Sicherheit, die das Familienbett bietet, sind evolutionär tief verwurzelt und unterstützen das emotionale Wohlbefinden des Kindes. Ein sanfter, bedürfnisorientierter Übergang, der die Entwicklung des Kindes respektiert, fördert nicht nur eine gesunde Bindung, sondern auch eine spätere Selbstständigkeit. Die Entscheidung, wann und wie der Übergang erfolgt, sollte nicht von gesellschaftlichen Normen, sondern von den individuellen Bedürfnissen der Familie und des Kindes bestimmt werden."