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Insektenhotel: Was du wissen musst + DIY-Anleitung

Sie summen, sie schwirren – und oft sind sie unsichtbar, obwohl sie eine tragende Rolle im ökologischen Gleichgewicht und für unser persönliches Wohl spielen: Bienen. Besonders Wildbienen und andere nützliche Kleinlebewesen finden in unseren Gärten, auf Balkonen und in städtischen Grünflächen zunehmend neue Lebensräume – wenn wir sie lassen. Wir haben mit Ante Hamersmit, Imker und Botschafter für artenreiche Lebensräume, über den Schutz von Bienen und Insekten, ihre Bedeutung für die Artenvielfalt und den Beitrag von Insektenhotels gesprochen. Außerdem haben wir ein kleines Insektenhotel-DIY für dich. Viel Spaß beim Lesen!
Insektenhotel: Was du wissen musst + DIY-Anleitung

Interview mit Ante Hamersmit über Bienen, Artenvielfalt und nachhaltige Gartengestaltung

Ante Hamersmit ist Imker und Botschafter für artenreiche Lebensräume. Mit einem geschulten Blick für das Zusammenspiel von Mensch, Natur und Biene spricht er über die kleinen Dinge, die einen großen Unterschied machen. Im Interview erklärt er, welche Bienen uns in unseren Gärten besuchen, welche sich tatsächlich über ein Hotel freuen, worauf es bei Bau und Pflege ankommt – und warum es sich gerade für Kinder lohnt, einen Blick hinter die Nisthilfe zu werfen.

Imker Ante Hamersmit zwischen Bienenstöcken.
Ante Hamersmit, Imker und Botschafter für artenreiche Lebensräume. Mehr zu Ante findest du auf seiner Website, Instagram und seinem YouTube-Kanal Antes-Golden-Girls.

Ein Gespräch über Verantwortung, Gestaltungslust und die stillen Heldinnen unserer Gärten

Man hört oft: „die Bienen sterben“. Stimmt das wirklich?

Ja und nein. Die Vielfalt stirbt und die sogenannte Biomasse nimmt ab. Das ist nicht nur die Beobachtung all derer, die noch vor 30 Jahren mit dem Auto in den Urlaub gefahren sind und immer wieder die Windschutzscheibe säubern mussten – sondern das belegen auch diverse Studien. Die wohl bekannteste Studie ist die Krefelder Studie, nach der zwischen 1989 und 2016 die Biomasse der Fluginsekten um rund 76 % zurückgegangen ist. Das ist nicht nur eine Zahl, das ist eine Katastrophe. Man stelle sich vor, dass heute 3 von 4 Insekten einfach nicht mehr da sind. Das hat Auswirkungen auf so ziemlich alles: Bestäubung, Futter für Vögel und Echsen, aber auch für uns Menschen.

Die Honigbiene hingegen verzeichnet seit 2007 einen stetigen Zuwachs. Die rund 1 Million Völker in Deutschland haben sicherlich mit etlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, aber für deren Wohl sorgt ein Imker. Diese sind gesamtheitlich als „stabil“ einzuschätzen.

Wie können wir den Insekten helfen? Sollen wir nun alle Imker werden?

Nein. Ich meine – falls die Imkerei dich näher zur Natur bringt, dann lass dich hier gerne ausbilden und werde Imker. Aber wesentlich bedeutender ist, dass wir den Insekten helfen mit dem, was uns zur Verfügung steht. Und das beginnt im Kleinen.

  1. Ein Insektenhotel zu bauen ist nicht nur eine tolle Beschäftigung mit den Kindern, sondern bringt auch schon was.

  2. Heimische Blumen, Stauden oder Bäume zu pflanzen setzt nicht nur Zeichen, sondern bietet die Grundlage dafür, dass Insekten angezogen werden.

Gerade bei Kindern haben wir die Verantwortung sie in die richtige Richtung zu lenken, ihnen ein Verständnis für die Natur zu vermitteln und ihnen zu zeigen, wie viel Spaß das ganze machen kann.

Welche Arten von Insekten werden von Insektenhotels angezogen?

Es kommt auf das Hotel an. Prinzipiell haben unterschiedliche Hotels unterschiedliche Bewohner. Löcher ziehen Mauerbienen an, Ohrenzwicker und Marienkäfer mögen Holzwolle, Einstreu mit Mäusegeruch lockt Hummeln an. Ein Buch, welches ich sehr empfehlen kann, ist „Das Insektenhotel“ von Wolf Richard Günzel. Dort findet man nicht nur einfach nachzubauende Bauanleitungen, sondern man lernt den Nutzen der verschiedenen Insekten auch kennen.

Marienkäfer in natürlicher Umgebung. In Insektenhotels mögen sie Holzwolle.

Welche Materialien und Bauweisen sollte man für Insektenhotels nutzen?

Nur Naturmaterialien! Es gibt Nisthilfen aus transparentem Kunststoff, bei denen man reinschauen kann. Davon halte ich nichts. Das entspricht weder meiner Ideologie noch dem optimalen Nistmaterial der Tiere. Holz, Holzwolle, Lehm, Stein usw. sind die Materialien, die man in der Natur findet und die man auch nutzen sollte. Klar sind einige Arten auch genügsam und nisten beispielsweise im Schraubloch meiner Kunststoff-Gartenschlauchtrommel – aber, wenn ich der Natur was Gutes tun will, und meinen Kindern die Bedeutung von Nachhaltigkeit erklären will, dann fang ich doch nicht an Kunststoffröhrchen einzusetzen.

Die meisten von uns können diese Entwicklungen im Gesamten nicht aufhalten, aber alle von uns können „im Kleinen“ zur Verbesserung der Gesamtlage beitragen.

Ante Hamersmit, Imker und Botschafter für artenreiche Lebensräume.

Welchen Nutzen haben Insektenhotels für die Umwelt überhaupt?

Die Welt der Insekten verändert sich. Monokulturen, Pestizideinsatz und landwirtschaftliche Techniken machen es vielen Arten schwer zu überleben. Darüber hinaus schreitet die Urbanisierung stark voran und die Insekten verlieren ihren „wilden“ Lebensraum.

Die meisten von uns können diese Entwicklungen im Gesamten nicht aufhalten, aber alle von uns können „im Kleinen“ zur Verbesserung der Gesamtlage beitragen. Und das beginnt zu Hause auf den Balkonen, in den Gärten, auf den Dächern und in den Freizeitgrundstücken. Wir müssen den Insekten Lebensräume schaffen, die auf Diversität und Nachhaltigkeit ausgelegt sind. Pflanzt heimische Stauden, setzt heimische Bäume, aber unterstützt auch durch Nistmöglichkeiten. Jedes Insektenhotel ist Gold wert. Selbst wenn es vermeintlich nur eine Art unterstützen soll, tut es doch so viel mehr.

In meinem auf Mauerbienen ausgelegten Hotel habe ich beobachten können, dass zwischen den Bambusstängeln Wespenköniginnen überwintert haben, sich eine Fettspinne satt gegessen hat, Vögel und Echsen vom zusätzlichen Nahrungsangebot profitieren und auch Kuckucksbienen ihr Unwesen treiben.

Kurz gesagt: Insektenhotels erschaffen eigene Mikro-Ökosysteme und sind von hoher Bedeutung. Hier ein passendes Video dazu von Antes YouTube-Kanal Antes-Golden-Girls: Dramatische Geschichten JEDES Insektenhotels.

Bei den Bienen sind es vor allem die in Böden nistenden Arten, die besondere Aufmerksamkeit benötigen. Und da sieht das „Hotel“ auch etwas anders aus. Eine freigeräumte Fläche, ein Sandkasten oder ein sogenanntes Sandarium empfehle ich immer gerne.

Ante Hamersmit, Imker und Botschafter für artenreiche Lebensräume.

Welche Arten sollen wir am besten unterstützen?

Obwohl wir beim Wort Insektenhotel vermutlich das Bild eines Häuschens mit Stängeln oder Löchern im Kopf haben, unterstützt es oft die Arten, die wenig bedroht sind. Auch das ist besser als nichts! Bei den Bienen sind es vor allem die in Böden nistenden Arten, die besondere Aufmerksamkeit benötigen. Und da sieht das „Hotel“ auch etwas anders aus. Eine freigeräumte Fläche, ein Sandkasten oder ein sogenanntes Sandarium empfehle ich immer gerne. Es gibt auf YouTube einen netten kurzen Film, der eine kleine Einführung gibt: Wildbienen im Garten: So hilfts du ihnen mit einem Sandarium.

Welche Tipps hast du für Menschen, die selbst Insektenhotels bauen möchten?

Lasst euch inspirieren von Menschen, die bereits tolle Insektenhotels gebaut haben. Es muss für mich immer auch „schön“ und nicht nur funktional sein. Besonders im heimischen Garten will man sich wohlfühlen und das Insektenhotel nicht als Fremdkörper empfinden.

Kauft euch eine geeignete Literatur und versucht das nachzubauen. Das Ergebnis muss nicht perfekt sein. Es sollte nur keine Gefahr für die Bewohner darstellen, z.B. durch ausgefranste Bohrlöcher.

Es muss nicht immer ein „Hotel“ sein. Eine Bienentränke ist auch ein tolles Projekt, was ich mit meinen Kindern als nächstes angehen werde.

Wie kann man mit Kindern zusammen ein Insektenhotel bauen? Bei welchen Schritten kann man sie einbinden?

Ich habe von meinen Kindern gelernt, dass Ungeduld unser größter Gegner ist. Ich bereite gerne die groben Sägearbeiten vor und lasse die Kiddis dann zusammenbauen, bestücken und gestalten. Auch toll ist, das ganze auf mehrere Tage auszudehnen. Immer ein bisschen.

An einem Tag waren wir im Wald und haben Material wie Stöcke, Laub, Kiefernzapfen gesammelt. Es ist auch zweitrangig, ob der Besatz nach Lehrbuch ist, es geht vielmehr um das Erleben. Dabei haben wir schon die ersten Waldbewohner entdecken können wie Spinnen und diverse Käfer.

Am zweiten Tag haben wir den Kasten zusammengebaut, das gesammelte Material angeordnet, die vorbereiteten Bambusröhrchen eingebracht und die Löcher in die Holzblöcke gebohrt.

Am dritten Tag haben wir es regensicher aufgestellt und gerätselt wer da wohl alles einziehen wird.

Auch gut ist eine Nistmöglichkeit zu schaffen mit hoher Erfolgsquote. Ein Hummelkasten ist super toll, aber es besteht eine gewisse Gefahr, dass dieser nicht besiedelt wird und dies zu enttäuschten Gesichtern führt.

Angst vor Insekten ist anerzogen. Wenn sie noch keine Angst haben, lasst nicht zu, dass sie eine solche entwickeln.

Ante Hamersmit, Imker und Botschafter für artenreiche Lebensräume.

Wie kann man Kindern erklären, warum Insekten wichtig sind?

Insekten sehen zum Teil befremdlich aus und wir Erwachsenen reagieren oft so, wie wir nicht reagieren sollten. Im ersten Schritt ist es wichtig Kindern die Angst zu nehmen. Ja, Bienen und Wespen können Stechen, Spinnen können beißen. Aber in der Regel tun sie das nur dann, wenn sie sich bedroht fühlen. Eine Wespe, die im Sommer auf dem Kaktuseis landet wird nicht totgeschlagen, sondern behutsam zur Seite befördert. Eine Kellerspinne wird nicht kreischend mit dem Besen erledigt, sondern wird vorsichtig eingefangen und im Garten ausgesetzt. Dabei kann man den Kindern erklären, wieso es gut war, dass man so gehandelt hat. Dass Wespen ebenfalls wie die Bienen bestäuben, dass sie Stechmücken und Läuse fressen. Dass Spinnen Schmeißfliegen und Moskitos angeln.

Angst vor Insekten ist anerzogen. Wenn sie noch keine Angst haben, lasst nicht zu, dass sie eine solche entwickeln. Wenn sie bereits Angst haben, kann man diese auch wieder aberziehen, indem man sie mitnimmt. Ein Regenwurm oder eine Schnecke sind nicht ekelig, sie sind genau so, wie sie sein müssen. Wir können sie anfassen, sie erkunden mit einer Lupe und sie danach wieder freilassen. Die kleine „Störung“ ist verglichen mit dem lebenslangen Lerneffekt eine gut investierte Tat.

Was würdest du dir für die Zukunft wünschen?

Heutzutage gibt es mehr Probleme als Lösungen. Doch jeder Mensch kann dafür sorgen, dass sein kleiner Mikrokosmos ein ganz toller ist. Allein der Versuch die Bienen und Insekten zu retten kann eine ungeahnte Kaskade in Gang setzen, wodurch es unseren Kindern gelingen kann, unsere Fehler wieder auszugleichen. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, wäre es Achtsamkeit. Denn dann hätten wir irgendwann womöglich mehr Lösungen als Probleme.

Insektenhotel aus Konservendosen – Schritt-für-Schritt-Anleitung

Für alle, die ein Insektenhotel selber bauen wollen, hier eine Anleitung wie es geht. Diese Insektenhotels in Konservendosen eignen sich für Wildbienenarten, die oberirdisch nisten.

Materialien:

  • Leere Konservendosen
  • Schilfrohr oder Bambusrohr
  • Lehm
  • Schleifpapier
  • Gartenschere
  • Optional: Draht, Schnur, Maschendraht

Anleitung:

  1. Dosen vorbereiten
    Leere Konservendosen gründlich reinigen und trocknen.
    Scharfe Kanten mit Schleifpapier glätten.

  2. Röhrchen schneiden
    Schilfrohr/Bambus mit der Gartenschere auf Dosenlänge kürzen.
    Hinter der Verdickung schneiden, damit das Röhrchen hinten geschlossen ist. Achtung: Die Röhre muss unbedingt lang genug sein, sonst entstehen nur Männchen. Ein Röhrchen mit 10 mm Durchmesser sollte ca. 10-20 cm lang sein. Das reicht dann für einige Kammern mit Weibchen, die erst ab der 3. Kammer entstehen. Weitere Informationen, welche Größe sich für welche Bienenart eignet, könnt ihr z.B. beim NABU, BUND und Mauerbienenforum nachlesen.

  3. Röhrchen glätten
    Innen- und Außenkanten der Röhrchen mit Schleifpapier glätten. Das ist sehr wichtig, damit sich die Insekten an scharfen Holzsplittern oder Rissen nicht die Flügel verletzen.

  4. Dose befüllen
    Die Röhrchen eng aneinander mit den Öffnungen nach außen in die Dose stecken und mit Lehm fixieren.

  5. Befestigen
    Dosen waagerecht an einer sonnigen, windgeschützten Stelle befestigen (nicht frei schwingend!).
    Alternative: ins Regal legen oder mit Schnur gut fixieren.

  6. Schutz vor Vögeln (optional)
    Maschendraht vor die Dose spannen, um Nester vor Vogelangriffen zu schützen.


Danke Ante Hamersmit, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast, um uns und unsere Leserschaft für dieses so wichtige Thema zu sensibilisieren! 

Danke auch für die schönen Insektenbilder:
Bild 3, 4, 5, 6, 9, 10, 11, 12/ @ Ante Hamersmit.